Diesem Ereignis gehen zehn Jahre der Entwicklung der Methode und Weiterbildung im Rahmen der Fortbildung zum Fachphysiotherapeuten für funktionelle Störungen und Neurosen voraus.
In den sechziger Jahren hatten die jungen Kollegen in der Klinik für Psychotherapie der Universität Leipzig unter der Leitung von Dr. Christa Kohler nach neuen Wegen in der Neurosentherapie gesucht. Die Initialzündung für die Entwicklung in der Bewegungstherapie brachte Christa Kohler 1962 aus Lindau mit. Dort hatte sie eine Demonstration eines Arztes (Haddenbrook) bei der Körpertherapie mit psychisch Kranken beobachtet. Dieser demonstrierte verschiedene Begegnungen seiner Patienten in einer Gruppe. Die Patienten übten Nähe und Distanz und Begegnungen durch Blickkontakt. Anita Kiesel war überzeugt, dass ihre Patienten genau solche Übungen brauchten und probierte sie aus. Kiesel suchte auch in der Literatur und fand im Handbuch der Psychotherapie, das damals neu erschienen war, bald einen Artikel, den Lucie Geyer Grothe schon in den 30iger Jahren geschrieben hatte. Darin empfahl sie für die Gymnastik mit psychisch Kranken, Wert auf Übungen zu legen, die Spannung und Lösung, Gleichgewicht, Körpergefühl, Rhythmus und Raumgefühl sowie vor allem Gemeinschaftsbeziehungen förderten. Sie fand viele Übungen, die diese Aufgabe erfüllten und sie begriff, wie wichtig diese für die neurotischen Patienten waren.Christa Kohler und ihre Mitarbeiter organisierten 1967 ein Symposium mit internationaler Beteiligung zu "Problemen der Bewegungstherapie unter psychotherapeutischem Aspekt" zu dem führende Vertreter der neuen körperorientierten Wege in der Psychotherapie aus Westdeutschland, Österreich und Tschechien eingeladen waren. Die Kollegen der Klinik für Psychotherapie berichteten hier erstmals über ihre neuen Erfahrungen in der Bewegungstherapie.
Seit 1971 war Kiesel mit der Kommunikativen Bewegungstherapie in die Vorbereitung und Durchführung der Fortbildung von Ärzten und Psychologen in Dynamischer Gruppenpsychotherapie unter der Leitung von OMR Kurt Höck eingebunden.
1974 fand die erste Fortbildungs-Kommunität für Ärzte und Psychologen in Dynamischer Gruppenpsychotherapie statt. Neben den Gesprächsgruppen fand einmal am Tag auch eine Stunde Kommunikative Bewegungstherapie statt. Die Fachphysiotherapeutinnen Helga Schulz und Brigitte Rieckhoff unterstützten Anita Kiesel bei der Durchführung der Kommunikativen Bewegungstherapie, so dass alle drei auch an den Gesprächsgruppen teilnehmen konnten.
Kiesel lernte in dieser Zeit viel über die Bedeutung von Gruppenprozessen, was zu einer deutlichen Strukturierung der Therapie, so wie sie heute vermittelt wird, führte. Andererseits erfuhren die Ärzte und Psychologen, die mit psychisch Kranken arbeiteten, von der Wirksamkeit der Methode, was ganz sicher dazu beitrug, dass sie ihre Physiotherapeuten zur Fortbildung nach Leipzig schickten und die Kommunikative Bewegungstherapie so in fast allen stationären Krankenhäusern und Kliniken der DDR in den Therapieplan aufgenommen wurde.
Diese Fortbildung zum Fachphysiotherapeuten für funktionelle Störungen und Neurosen gab es in Leipzig seit 1972. Die Inhalte dafür wurden im Auftrag des Instituts für Weiterbildung der DDR in Potsdam von den Kollegen der Klinik für Psychotherapie Leipzig erarbeitet, die Kollegen Prof. Kohler, H.F. Böttcher, Christoph Schwabe und Anita Kiesel übernahmen auch den Unterricht. Erika Eichhorn hat ab 1978 in Nachfolge von Kiesel die Kommunikative Bewegungstherapie unterrichtet. Anette Tögel nahm am letzten Lehrgang kurz nach der Wende teil, denn mit der Übernahme der Aus- und Fortbildungsbedingungen im Rahmen der Deutschen Einheit wurde diese Fortbildung abgeschafft.
Die im klinischen Bereich arbeitenden Fachphysiotherapeutinnen hatten das Bedürfnis, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen. Etwa 20 Kolleginnen trafen sich seit 1974 mindestens einmal im Jahr über zwei Tage, um gemeinsam neue Übungen auszuprobieren und sich in der Psychotherapie fortzubilden. Die Klinik in Leipzig, die ambulante Suchtklinik in Magdeburg (Dr. Volker Kielstein) und das Griesinger Krankenhaus in Berlin (Elfruna Orthmann) sowie die ambulante Klinik für Psychotherapie in Leipzig (Harriet Broszka mit Ihrem Vorgesetzten Dr. di Pol) stellten der Arbeitsgruppe in diesen Jahren für ihre Treffen Räume zur Verfügung und Ärzte und Psychologen aus dem Fachbereich hielten Vorträge über ihr jeweiliges Spezialgebiet und übermittelten uns allgemeine Kenntnisse zu Psychotherapie und Neurosenlehre.Kiesel hatte 1973 ein Hochschulstudium an der Hochschule für Körperkultur und Sport (DHFK Leipzig) beendet und war als Mitglied in der ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie aufgenommen worden.
Zwei wichtige Monografien, die die Methode darstellten, waren zudem erschienen:
1968 konnten Christa Kohler, die Leiterin der Klinik für Psychotherapie an der Universität Leipzig, und ihre Mitarbeiter H.F. Böttcher, Christoph Schwabe und Anita Kiesel das Buch "Kommunikative Psychotherapie" veröffentlichen. Ich berichtete auf 15 Seiten über die "Gruppenbewegungstherapie" in der Klinik.
1972 erschien von Kohler und Kiesel die Monografie "Bewegungstherapie bei funktionellen Störungen und Neurosen", dort konnte A. Kiesel die Bewegungstherapie unter dem Aspekt der Kommunikativen Psychotherapie darstellen. Sie beschrieb die Gruppenbewegungstherapie, die Konzentrative Entspannung und die Lockerungs- und Schwunggymnastik, die als Schallplatte dem Buch beilag. Da in der DDR ein Buch mindestens zwei Jahre bis zu seinem Erscheinen brauchte, wird es Ende der sechziger Jahre geschrieben worden sein.
Die Aufnahme der Arbeitsgruppe Kommunikative Bewegungstherapie in die Ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie der DDR.
Vom 31.03. bis 02.04.1977 trafen sich 50 bis 60 inzwischen ausgebildete Fachphysiotherapeuten zu einer Arbeitstagung in Stendal. Die bisher zur aktiven Gruppe gehörenden Kolleginnen leiteten Übungsgruppen, in denen besonderer Wert auf die Demonstration des Therapeutenverhaltens in der Therapie gelegt wurde.
15 Kolleginnen wollten für die Gruppe einen offiziellen Status und so wurde A. Kiesel beauftragt, beim Vorstand der Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie der DDR anzufragen, ob die Arbeitsgruppe kooperierendes Mitglied werden könnte.Kiesel schrieb einen Brief an den damaligen Vorsitzenden, Prof. Dr. Katzenstein und nannte die Aufgaben und Ziele, die sich die AG stellte:
Von 1977 bis zur Wende trafen sich die Mitglieder regelmäßig. Die kleine stabile Gruppe bestand aus 22 Fachphysiotherapeuten, 2 Psychologen, 2 Psychotherapeuten und 2 Diplom-Medizinpädagogen.
Mitglieder dieser Gruppe stellten die Methode in Theorie und Praxis während der Tagungen der Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie, Sektion Dynamische Gruppenpsychotherapie und in der Gesellschaft für Orthopädie vor, wo es eine Arbeitsgruppe für alle Physiotherapeuten gab.Im Dezember 1988 richtete die Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Vertretern der Methoden Konzentrative Entspannung (Brigitte Böttcher) und der Arbeitsgruppe Rhythmik und Tanz (Christel Ulbrich) noch einmal eine große Tagung in Schwerin aus.
Mit der Einheit Deutschlands veränderten sich die Bedingungen, es gab keine Fachphysiotherapie-Ausbildung mehr.Nur wenige Kolleginnen konnten ihre Mitarbeit fortsetzen, es blieb nur eine kleine aktive Gruppe. Diese hatte ein Ziel: Weiterführung der Fortbildung in Kommunikativer Bewegungstherapie!
Die ersten sechs Lehrtherapeuten waren: Anita Wilda-Kiesel, Erika Eichhorn, Eveline Fredrich, Elfruna Orthmann, Anette Tögel und Dörthe Maria Zorr. Die gemeinsame Konzeption sah nun statt 45 Stunden Kommunikative Bewegungstherapie 150 Stunden für die Fortbildung zum Fachphysiotherapeuten vor, davon waren 40 Stunden für die theoretische Ausbildung geplant. Die Teilnehmer der Fortbildung mussten entweder mit psychisch Kranken arbeiten oder ein mehrwöchiges Praktikum vorweisen. Den Praxisunterricht führten immer zwei Lehrtherapeuten durch, damit wurde eine Supervision möglich. Jährlich wurden nun fünfzehn Therapeuten für Kommunikative Bewegungstherapie ausgebildet.Die Tradition der Herbst-Weiterbildung wurde fortgeführt. Die fachlichen Themen richteten sich nach den Wünschen und Bedürfnissen der Mitglieder. Jedes Jahr konnten Fachexperten für die Vorträge gewonnen werden.
2004 übernahm Anette Tögel die Leitung der Arbeitsgruppe und der Akademie. Die Arbeit des Vorstandes, die Lehrtherapeuten und alle Therapeuten für Kommunikative Bewegungstherapie haben in den vielen Jahren ihrer täglichen Arbeit unermüdlich zur Weiterentwicklung und Verbreitung der Methode zum Wohle unserer psychisch kranken Patienten beigetragen.